„Ja, so war das damals!“
Zeitzeugen schildern den Alltag in den bewegten Fünfzigerjahren
Es ist eine spannende Zeit: Die Kriegsgeneration ist in Hamburg zunächst noch dabei, die gewaltigen Trümmerhaufen beiseite zu räumen, und die Nachkriegsgeneration – zu der die Autoren gehören – nimmt diese beschädigte Umwelt als gegeben hin. Sie kennt das alles ja nicht anders. Und als dann weitgehend aufgeräumt ist, beginnt für sie alle eine rasante Entwicklung hin zum legendären Wirtschaftswunder.
Auf den ersten Seiten dieses Buches erinnern die Verfasser mit eindrucksvollen historischen Fotos an die frühe Nachkriegszeit: Kinder, die zwischen Trümmern spielen oder zwischen Ruinen auf dem Weg zur Schule sind. Dazu ein Blick in die Nissenhüttenwelt und auf die Straßen, auf denen man immer wieder amputierten Kriegsgeschädigten begegnet.
Eine Rarität ist ein Foto über die Rohrstockstrafe, die es noch lange Zeit in Hamburgs Schulen gibt. Faszinierend und aus heutiger Sicht kaum zu glauben ist der gewaltige Aufbauwille der Hamburger. Kaum dass der letzte Schuss gefallen ist, regt sich Leben in den Ruinen. Man hört regelrecht das Steineklopfen der Trümmerfrauen in den noch rauchenden Ruinen.
Und man hört Künstler, die in dieser Welt ihre Texte vortragen. Die Theater spielen wieder. Es werden Bücher gedruckt. Und das im Jahre 1945. Es ist unfassbar!
Den Schwerpunkt des Buches stellt dann die Alltagswelt in den 50er-Jahren dar, den die Verfasser als Kinder bewusst miterlebt haben. Zunächst schildern sie die „Selbstversorgung im Garten“und das damals übliche Einkaufen bei „Tante Emma“. Wir sehen,wie sie losen Zucker auf der Waage abwiegt. Die Autoren schildern weiter, wie Werner Otto überhaupt erst einmal „einfachste“ Schuhe herstellt und Beiersdorf überhaupt wieder zu produzieren beginnt. „Nichts wird weggeworfen!“ klingt es ihnen noch heute in den Ohren.
Und dann wird alles ganz anders: „Tante Emma“ macht dem Supermarkt Platz. Wo eben noch im Garten Gemüse geerntet wurde, wächst jetzt vor Zierbüschen gepflegter Rasen.
Clemens Willenrod zelebriert im Fernsehen Rezepte für „eine feinere Lebensweise“. Die Zutaten werden jetzt „natürlich“ im Supermarkt eingekauft. „Darf es etwas mehr sein?“ heisst es neuerdings. Das ist neu! Für eine Reihe Hamburger steht der eigene Kleinwagen vor der Tür. Zunächst steht auf dem Nummernschild noch BH.
So schlitterten denn alle in den Materialismus und den Konsumrausch unserer Tage mit dem sich abzeichnenden Klimawandel und der Kritik der „Generation Greta“.
Und jetzt stehen sie vor einer von der Corona-Pandemie geprägten Nachdenklichkeit. Damals war man eben genügsamer und sparsamer – wenn auch gezwungenermaßen.